Malvasia de Banyalbufar - Die Malvasia ist heilig
Fünf Gesellschafter und ein gemeinsames Projekt rund um eine außergewöhnliche Traube.
Bei der Malvasia handelt es sich um eine Rebart, die seit Jahrhunderten, wahrscheinlich sogar seit Jahrtausenden eng mit der Mittelmeer-Region verbunden ist. In Griechenland findet man sie, im Süden Frankreichs, auf Sardinien, an der Costa Brava und unter anderem auch auf Mallorca. Rund 75 Unterarten soll es geben - zwei davon in der Bergortschaft Banalbufar, an der Nordwestflanke des Tramuntana-Gebirgszugs.
Die Traube weist ein fruchtig-saures Aroma auf. Die Kunst des Winzers ist es, den relativ hohen Säuregehalt durch ausreichende Süße zu kompensieren. Man erntet deshalb die Malvasia normalerweise in einem sehr reifen Entwicklungs-Stadium. Denn dann weisen die Früchte einen hohen Zuckergehalt auf. Das wiederum führt zu einer relativ hohen Ausbeute an Alkohol. „Früher,“ so erzählt Toni Mora, „war der Malvasia-Wein inselweit als Stimmungsmacher bei Festivitäten beliebt. Kein Wunder eigentlich, denn Untersuchungen aus dem Jahre 1907 ergaben einen natürlichen Alkoholgehalt der Weine von bis zu 21 Volumen Prozent.“
Schluss mit lustig war dann allerdings in auslaufenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Damals wurde die Weinwirtschaft weiter Teile Europas von wiederholt auftretendem Schädlingsbefall heimgesucht. Die bereits geschwächten Rebstöcke zeigten sich anfällig für Krankheitserreger. Auf Mallorca wiederholte sich die verhängnisvolle Entwicklung wenige Jahrzehnte später. Hier sank die Weinproduktion dramatisch innerhalb kurzer Zeit auf weniger als ein Zehntel. In Banalbufar blieben nur wenige, extrem geschwächte Weinstöcke auf den Terrassenfeldern übrig. Oft genug dienten sie lediglich als Mauerbegrünung oder Pergola. Die Malvasia, so schien es für viele Dekaden, war zum Aussterben verurteilt.
Um das drohende Schicksal abzuwenden, trat 1995 ein bunt gemischtes Grüppchen von Wein-Enthusiasten auf den Plan. Ein BMW Händler war darunter, ein Pädagoge für Lernbehinderte, ein Sozial-Therapeut, ein Klein-Spediteur und ein Cafetería-Betreiber. Man gründete die Cooperativa de sa Malvasia de Banabufar. Schon ein Jahr später ergriff das Quintett die Initiative zur Wiedereinführung der original mallorquinischen Malvasia-Variante.
Toni Mora, einer der Gesellschafter und Sprecher der Kooperative, war damals Bürgermeister von Banyalbufar. Ihm lag das Projekt von Anfang an besonders am Herzen. Er war es auch, der die Untersuchungen an den wenigen, noch auf den Terrassen-Feldern verbliebenen Rebstöcke der Banyalbufar-Malvasia initiierte. Eine Universität wurde hinzugezogen. Und schließlich gelang es, die ursprüngliche auf Mallorca beheimatete Variante wieder herzustellen - frei von Keimen, stark und widerstandsfähig wie einst. Die Rettungsaktion verschlang lokale und europäische Fördergelder und führte erst nach mehreren Jahren zum Erfolg.
Toni Mora und seine Mitstreiter halten die Anstrengungen für die Erhaltung der Original-Malvasia allemal für gerechtfertigt. Denn, so ihre Argumente, als abgelegener Bergort hat Banyalbufar über Jahrhunderte nur zwei primäre Existenz-Grundlagen ausbauen können: der Fischfang und die Herstellung von Wein. „Nachdem unser zweites traditionelles Standbein, der Fischfang, mit dem Beginn des vergangenen Jahrhunderts immer mehr an Bedeutung verlor, führt der Ex-Bürgermeister an, „mussten wir einfach tätig werden. Seither geht´s am Wochenende hinaus, in den Weinberg. Zur ”vendimia”, zur Weinernte, kommt das halbe Dorf zusammen - mit dem Wein ist eine längst vergessene Dynamik in unsere Gemeinschaft zurückgekehrt.“
Unbestrittener Mittelpunkt der Kooperative-Aktivitäten ist der Weißwein ”Cornet”, benannt nach einer Salzwasser-Schnecke, die im Meer vor Banalbufar zu finden ist. Den sortenreinen Malvasia-Wein offeriert die Cooperativa de sa Malvasia in zwei Varianten. Der günstigere Jungwein ”Cornet” nutzt die kontrollierten Bedingungen der temperaturregulierbaren Edelstahltanks für eine harmonische, problemlose Gärung. Der edle Bruder des jungen ”Cornet” unterscheidet sich äußerlich lediglich in der Farbgebung der Etiketten. Er reift, ebenso wie ein weißer Süßwein des Haues, für 42 bis 47 Tage in Barriques aus französischer Eiche. Hier, meint Toni Mora, sei extremes Fingerspitzengefühl und viel Erfahrung gefragt. Denn im Fass gärt der Weiße deutlich unvorhersehbarer, als unter den kontrollierten Bedingungen eines Edelstahltanks.
Um die technischen Ressourcen der Bodega besser auszulasten, entschloss sich das Wein-Triumvirat eine weitere Produktlinie ins Leben zu rufen. Unter dem Namen ”Xop”
stehen ein Weißwein, ein Rosé und zwei Rotweine im Verkaufsregal. Es handelt sich jeweils um Cuvées aus vornehmlich autochthonen Sorten. „Gute Weine, allesamt,“ erklärt Toni, „Herzenssache ist und bleibt aber unser Cornet.“
Noch kann keiner der ursprünglich fünf Gesellschafter von den Erträgen der Kooperative leben. Monatlich schießt jeder Sozius etwa 200 Euro aus eigener Tasche zu. Damit wird unter anderem auch das kleine Ladenlokal finanziert, das direkt an der Hauptstraße liegt, die durch Banyalbufar führt. Der winzige, modern ausgestattete Raum mit dem markanten Schneckenhaus-Symbol versteht sich nicht nur als Verkaufsstätte, sondern auch als Begegnungsort für Weinliebhaber und Informations-Zentrum rund um die Original-Malvasia. "Diese Traube ist uns einfach heilig," erklärt Toni mit schlichtem Ernst. Man glaubt es ihm!