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Oliver Moragues - Romantische Wein-Oase

Von einem der heimkehrte, um gute Weine zu machen 

Der erste Frühlingshauch fängt sich in den alten Kiefern, lässt die äußeren, dicht mit Nadeln bewachsenen Zweige in der leichten Brise tanzen. Vor dem Landgut breitet sich ein dichter Teppich aus wilden Kräutern und Gräsern aus, nur hier und dort von den weißen Tupfern einiger Gänseblümchen gesprenkelt. Im Hintergrund verliert sich das satte Grün des Pflanzenteppichs im Schatten eines bescheiden wirkenden Herrenhauses. Zur Linken duckt sich der alte Brotofen, leider schon seit Jahren kalt. Und zur Rechten gewährt eine breite Fensterfront Einblicke in das administrative Zentrum des Weinguts. Ein modern eingerichtetes Büro, viel Weiß mit der arbeitsfördernden Patina des organisierten Chaos, untergebracht in altem Gemäuer aus Naturstein. 

Carlos Moragues erhebt sich hinter den reflektierenden Scheiben und schlendert ohne Eile heraus, auf das lichtdurchflutete Fleckchen Grün. Als hätten sie sich abgesprochen, verlässt zeitgleich seine Mutter das Haupthaus und kommt heran, um uns zu begrüßen. Sie leitet das geschlossene Landhotel, ein kleines Possessió mit 10 Zimmern, urtümlich charmant. Er geht ganz in der sorgfältigen Herstellung von Weinen auf. Beide scheinen aus einer längst vergangenen Epoche direkt ins Hier und Jetzt katapultiert worden zu sein. Doch dieser erste Eindruck hält nur kurz vor. Dann kehrt gesunder Realismus zurück. Aber selbst der scheint auf Binicomprat seine träumerischen Seiten zu haben. 

Carlos ist in Sachen Wein ein Quereinsteiger. Eigentlich studierte der heute Dreißigjährige Wirtschaft und Marketing in Barcelona. Später ging er für einige Zeit nach Berlin, der Liebe wegen. Erst danach begann er sich, um einige Erfahrungen reicher, nach Alternativen zum turbulenten Wirtschaftsleben umzusehen. Die fand der Marketing-Experte, wie viele andere Mallorquiner, die auszogen, um in der Ferne das Glück zu suchen, just vor der eigenen Haustür - auf dem Landgut der Eltern. Nach einem weiteren Studium, diesmal der Winzerkunst, gelang der Sprung in ein neues Leben.

„Seither vergeht das Leben wie im Traum. Das ganze Landgut ist eine in der Zeit verlorene Oase“, begeistert sich der Winzer aus Passion.

Und wirklich: Unten, in der Talsenke, leben wilde Esel im Steineichenhain. Gartenstühle und Tische im Tonet-Stil laden zu einem romantischen Frühstück inmitten blühender Pflanzen ein. Bei der Modernisierung des Haupthauses blieb der ursprüngliche Charme des alten Herrenhauses unverändert erhalten. Der Ort strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Selbst die kaum ein-, zweihundert Meter entfernt liegende Schnellstraße, scheint auf einem anderen Planeten zu liegen.

Ein Anachronismus? Vielleicht! „Aber meine Vision vom eigenen Weingut kommt nun einmal dem französischen Chateau nahe, romantisch und mit reicher Geschichte, nur umgeben von Weinbergen und friedlicher Stille“, schwärmt Carlos. 

Binicomprat, das Landgut mit dem maurischen Namen wurde ursprünglich im Jahre 1511 von der Familie Moragues übernommen. In jenen Tagen lebte man von der Landwirtschaft, unter anderem auch vom Wein. Nachdem die damaligen Bewohner den Weinkeller des Haupthauses in eine kleine Kapelle und ein Kellergewölbe unterteilt hatten, wuchs Wein zwar auf den Ländereien rund um den Hof, wurde aber im nahen Algaida gekeltert und gelagert. Vielleicht auch um Carlos Traum vom eigenen Wein-Chateau zu verwirklichen, wurden Produktionsstätten und Weinkeller ebenerdig in einer Neubauhalle untergebracht. Die Weinfelder umgeben das Anwesen. Dort reifen die Trauben auf ökologischer Basis. Viel Handarbeit und strenge Auslese ersetzen die Chemie.  

Zurzeit stellt das Landgut Binicomprat unter dem Markennamen Oliver Moragues etwa 25.000 Flaschen im Jahr her. Bei den zwei Rotweinen liegt das Augenmerk auf ausgewogenen Cuvées aus den Reben Manto-Negro, Callet, Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon. Beide reifen für etwa 12 Monate im Fass. Der Weiße zeichnet sich durch eine Cuvée aus der autochthonen Sorte Prensal-Blanc sowie Viognier, Chardonnay und Sauvignon Blanc aus. Die Kleinauflagen von ca. 1000 Flaschen sind relativ schnell vergriffen. Das durchaus realistische mittelfristige Produktionsziel der Bodega liegt bei 40.000 Flaschen pro Jahr. Carlos eigentliches Ziel wären allerdings 60.000 Einheiten. Davon könnten dann alle Beteiligten sorglos leben, ohne dem Preisdruck und den logistischen Zwängen einer Großproduktion ausgesetzt zu sein. Doch bis dahin werden sicher noch ein paar verträumte Frühjahre ins Land gehen.

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