Son Alegre - Japanische Methode im Inselparadies
Nur wenige Winzer setzen die Idee des naturnahen Anbaus so konsequent um wie Miguel Manresa, Eigentümer einer nicht mehr ganz so kleinen Bodega in Calonge, einem winzigen Siedlungskern im Gemeindegebiet von Santanyí. Er folgt den Lehren des japanischen Biologen und Philosophen Masanobu Fukuoka, deren Kurzform lautet: Nichtstun ist das Gescheiteste – lasse die Natur machen und mische dich so wenig wie möglich ein.
Ein symbolhaftes Foto für diesen Leitgedanken der Naturverbundenheit findet sich auf der Web von Son Alegre, dem „Landgut des Heiteren“. Der Schnappschuss zeigt ein Vogelnest voller Küken mitten in einem schwer mit Trauben behängten Rebstock. Pestizide kommen nicht in Frage, Umgraben der Erde ebenfalls nicht und der einzige Dünger stammt von den vierzig Schafen der eigenen Herde, die Miguel zum passenden Moment in die Anbauflächen lässt, damit sie dort fressen und düngen.
Entsprechend wild sieht es auf den mittlerweile 15 Hektaren aus, auf denen Miguel Varietäten wie den heimischen Callet und Giró blanc anbaut, und nach einem ersten gelungenen Experiment auch Petit Verdot: 200 Flaschen eines hundertprozentigen Rotwein-Prototypen mit dem sympathischen Namen „Es Padrí“ (mallorquinisch für Opa) haben bei der Verkostung im engsten Kreis begeisterten Anklang gefunden und ermutigen den Winzer, die erst seit kurzem behördlich zugelassene Varietät verstärkt anzubauen und einzusetzen.
Dass die Produktionsmengen stark schwanken können, nimmt Miguel achselzuckend hin. Die soeben vorgenommene Verdopplung der Anbauflächen wird sich erst in zwei bis drei Jahren im Ausstoß niederschlagen. Derzeit kommen etwa 20.000 Flaschen pro Jahr auf den Markt. Wie andere Winzer, die auf Individualität Wert legen, sieht er eine Produktion von 50.000 Flaschen als Obergrenze, die er nicht durchbrechen will, um nicht „industriell“ zu werden.
Ohnehin ist Miguels Projekt wenig kommerziell ausgelegt, „mir geht es vor allem darum, die Weinliebhaber an diesem kleinen Paradies teilhaben zu lassen“. Die Prämisse der Teilnahme gilt bereits für das Marketing: Regelmäßig lässt der Winzer einen Teil der jährlich neuen Namen samt Etikettengestaltung mittels kreativer Wettbewerbe ermitteln, die von zwei lokalen Kulturvereinen ausgerichtet werden. Dabei überlässt er alle Entscheidungen einer unabhängigen und rein künstlerisch orientierten Jury. „Ein bisschen merkwürdig, diese Methode“, gesteht er zu. „Aber es macht riesigen Spaß.“
Wenn er selbst Hand anlegt, ist das Ergebnis ebenso eigenwillig. Aktuell hat Miguel seinen Weinen die Mission verordnet, an historische Figuren und Ereignissen zu erinnern. Der Weißwein auf der Basis der Varietät Giró Ros heißt „Pep Costa“ in Erinnerung an einen Ibizenker, der als Karikaturist, Galerist und Gründer der Pionier-Feriensiedlung Cala d’Or bekannt ist. Ein anderer Weißer mit der interessanten Mischung Chardonnay, Giró Ros und Malvasia – letztere eine Sorte, die außerhalb des Tramuntana-Gebirges selten anzutreffen ist – ehrt als „Ramon lo Foll“ (Ramon der Verrückte) Ramon Llull, Mallorcas bekanntesten Philosophen. Und mit dem Rotwein „Calonge 1715“ erinnert Miguel an den Widerstand der kämpferischen Mallorquiner, die sich im besagten Jahr nahe des Minidorfes einer Übermacht von 11.000 französischen Soldaten in den Weg stellten. Kurioserweise ist ausgerechnet dieser Gedenkwein von Sorten geprägt, die mit französischen Weinen in Verbindung gebracht werden: Cabernet Sauvignon, Syrah und Merlot.
In den ersten Jahren ließ Miguel seine Weine mangels Bodega in den Einrichtungen seines Freundes Luis Armero in Felanitx keltern, einem der namhaftesten Pioniere des ökologischen Weinbaus auf Mallorca. Erst 2015 nahm Son Alegre einen eigenen Weinkeller in Betrieb, ein modernes Gebäude in Calonge, das bis vor kurzem als Möbelgeschäft diente. Luis Armero ist weiterhin der alles bestimmende Experte, wenn es um die Verarbeitung und Gestaltung der Weine geht.
Daneben fabriziert Miguel mit derselben kompromisslosen Naturmethode Olivenöl. Die letzte Ernte seiner tausend Bäume gab gerade genug Öl für 800 Flaschen her. Die werden zwar verkauft, aber Geld verdient der fröhliche Naturliebhaber damit keines. Es scheint ihm egal zu sein. „Am wichtigsten“, sagt er, „sind Gesundheit und Vernunft“. Darauf stößt man gerne an.